„Wir haben einen 2000 Jahre alten Auftrag“

„Wir haben einen 2000 Jahre alten Auftrag“

Auch viele Kirchenleute wissen nicht, was wir genau machen“, sagt
Rainer Bauer, der im Frühjahr die Geschäftsführung der Diakonie-Bezirksstelle in der Marbacher Schillerstraße übernommen hat. Beim Stichwort „Diakonie“denken viele an Kleiderspenden, vielleicht auch noch an das Tafelmobil, doch das Angebot für Bedürftige ist viel größer.
„Wir haben einen 2000 Jahre alten Auftrag“, erklärt er schlicht. Menschen in Not zu helfen, sei der Grunddienst der Kirche.
Und das ist oft ganz praktische Hilfe. So berichtet Bauer von einer Familie, für die er die Heizölrechnung beglichen hat, weil sie sonst im Kalten gesessen hätte, vom Rentner, der mit seiner Frau zusammen von 850 Euro im Monat lebt und den Strom nicht mehr bezahlen konnte, oder von einem alleinerziehenden Vater von drei Kindern, in dessen Geldbeutel sich gerade noch zwei Euro befanden. 70 solcher Fälle, die dringend Geld- oder Sachleistungen benötigten,hatte Bauer seit seinem Dienstantritt im Kirchenbezirk Marbach. Doch in vielen Fällen geht es erst einmal um Beratung, betont er. „Viele Bescheide vom Jobcenter stimmen nicht, und fast allen Hartz-IV-Empfängern fehlt Geld.“ Seine Aufgabe ist dann erst einmal, das zu überprüfen und bei Widersprüchen zu helfen oder auch an einen Rechtsanwalt zu verweisen.
Die Beratung bei der Diakonie umfasst aber beispielsweise auch Hilfe bei der Kurberatung. „Viele Frauen sind überlastet durch die vielen Anforderungen an sie und vernachlässigen ihre eigenen Bedürfnisse“, hat Claudia Hiller-Melcher festgestellt, die sich bei der Diakonie vor allem um dieses Thema kümmert.

Ihre Kollegin Marta Maurer-Gaus wiederum ist zuständig, wenn Menschen eine Ehe-, Familien- oder Lebensberatung benötigen, weil hier auch oft die Wurzel vieler Probleme liegt. Seit November bietet zudem Matthias Liegl eine Sprechstunde für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen und deren Angehörige. Beratung gibt es aber auch dazu, wie man mit dem knappen Geld besser auskommen kann. „Da bekommen die Klienten von mir dann schon auch einmal Hausaufgaben wie die, sich alle Fixkosten einmal genau anzuschauen und zu überlegen, wo man sparen kann“, erklärt Bauer. Gemeinsam wird so ein Weg zur Veränderung entwickelt. Und wenn nötig, auch an eine Schuldnerberatung verwiesen. Denn die Diakonie macht nur eine „Schuldnerbegleitung“, wie der Leiter der Bezirksstelle es formuliert. „Und da wären wir sehr dankbar, wenn wir noch ehrenamtliche Unterstützung hätten, beispielsweise von ehemaligen Bankern oder Kaufleuten“, äußert er einen großen Wunsch. Ein zweiter Wunsch sind neue und größere Räumlichkeiten.
„Wir stoßen hier an unsere Grenzen, und die Zimmer hier sind auch ziemlich
hellhörig.“ Von einem „erhobenen Zeigefinger“ hält Rainer Bauer übrigens nichts. „Die Menschen, die zu uns kommen, sind so froh und dankbar, wenn sie sich einfach mal hinhocken und erzählen dürfen, statt ständig gemaßregelt und pauschal verdächtigt zu werden“, sagt er. Die Aufgabe der Diakonie
sei es dann, genau zuzuhören und zu ergründen, an welchem „Rädle“ man drehen könne, damit sich die Situation verändert und Menschen wieder Mut fassen können. „Mein Job ist es, für Lichtblicke zu sorgen“,
bringt er es auf den Punkt.

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